Faszientraining: Schmerzfreie Bewegung des Körpers – gesunde Faszien bilden die Basis

Zuletzt aktualisiert am 7. Februar 2023 von Dr. med. Andrea Weidemann

Viele Menschen wundern sich, dass sie es nicht schaffen die eigenen Zehen zu berühren. Andere fragen sich, woher ihre Cellulite kommt. Mittlerweile ist es kein Geheimnis mehr, dass die Antwort in der Gesundheit der Faszien, welche sich überall im Körper finden lassen, liegt. Durch ein gezieltes Faszientraining lassen sich folgende Vorteile erzielen:

  • Die Körperausrichtung und – symmetrie werden verbessert
  • Die Durchblutung wird verbessert
  • Sichtbare Dehnungsstreifen und Cellulite werden reduziert
  • Narbengewebe wird besser abgebaut
  • Verletzungsrisiko wird reduziert
  • Alltagsschmerzen werden reduziert
  • Sportliche Leistungen werden verbessert

Was sind Faszien eigentlich?

Bei Faszien handelt es sich um Bindegewebsstrukturen. Diese umhüllen Organe und Muskeln. Die Faszien durchziehen den gesamten Körper. Es handelt sich hierbei um unterschiedlich dichte Strukturen aus Kollagenfasern, retikulären Fasern, elastischen Fasern und Bindegewebszellen. In der Medizin wurden ursprünglich Bindegewebsplatten, Stränge und Bänder bezeichnet. Heute fasst der Mediziner alle Strukturen unter dem Begriff Fasziensystem zusammen.

Die Funktion der Faszien

Grundsätzlich übernehmen Faszien verschiedene Funktionen. Im Bewegungsapparat umgeben die Faszien Muskeln, Knochen, Sehnen und Bänder. Zusammengehörige Bereiche des Skelett-Muskel-Systems werden verbunden. Die sogenannten Muskelkompartimente oder -logen unterstützen bei Bewegungen die Kraftübertragung. Auch innere Organe, Nervenleitungen und Gefäße werden von Faszien umschlossen. Bei der Übertragung von Nervenreizen wie immunologischen bzw. biochemischen Informationen oder Propriozeption spielen Faszien eine Rolle.

Welche Arten von Faszien gibt es?

Eine Faszie wird aus Kollagenfaserbündeln, die miteinander verwoben sind, gebildet. Je nach Lage und Funktion des Fasziengewebes zeigt es eine unterschiedliche Dichte und ist mal fester und mal beweglicher. Die Schichten des Gewebes sind nicht klar abgegrenzt, sondern gehen fließend ineinander über. Zwischen den einzelnen Schichten können sich Verschiebe- oder Gleitschichten, die mit Flüssigkeit gefüllt sind, befinden.

Oberflächliche Faszien bilden die äußerste Schicht unter der Haut. Sie bestehen überwiegend aus Fett und lockerem Bindegewebe. Diese Faszienschicht muss beweglich sein und umgibt die Extremitäten und den gesamten Rumpf. Im Vergleich zu anderen Faszienschichten enthält sie weniger Kollagenfasern.

Tiefe Faszien oder Rumpffaszien umhüllen Sehnen, Muskeln, Bänder und Muskelgruppen. Diese Gewebestruktur beinhaltet geflechtartig angeordnete, dichte Kollagenfaserbündel. Die Faszien übernehmen bei Muskelbewegungen anteilig die Kraftübertragung. Die Rumpffaszien setzen sich in allen Extremitäten fort.

Meningeale Faszien schützen und fixieren Nervenfasern und Nervenbündel, die sie umhüllen.

Viszerale Faszien umschließen Körperhöhlen mit Organen. Gefäß- und Nervenstränge zu Organen laufen durch diese Faszienschicht. Zu finden ist diese Art von Strukturen unter anderem am Herzbeutel, im Brustkorb, im Bauchraum und im Becken.

Die verschiedenen Faszienschichten gehen nahtlos in andere Strukturen des Stütz- und Bindegewebes wie in Sehnen, Gelenkkapseln, Bändern, Faserknorpeln, Muskelfasern und Muskelbindegewebe. Alle Faszienarten zusamengenommen bilden das funktionelle Fasziensystem.

Welche Aufgaben übernehmen Faszien?

Im Bewegungsapparat haben Faszien die wichtige Aufgabe der Kraftübertragung. So werden Bewegungen sowohl von Muskeln, Sehnen und Bändern als auch von den umgebenden Faszien übertragen. Die Zugkräfte der motorischen Muskeleinheiten wirken auf ein Netz aus Faszien-Strängen ein. Diese Kräfte werden dann in Körperbewegungen umgewandelt.

Zieht sich ein Muskel zusammen, so sind die Faszien für die Rückfederung zuständig. Die Muskelfaserzellen und Myozyten, welche innerhalb der Muskeln liegen, sind von Bindegewebe umgeben. Dieses Bindegewebe unterstützt ebenfalls die Übertragung von Muskelkraft.

Andere Faszien haben eine Schutz- und Stützfunktion. Zudem dienen sie als Verschiebe- und Gleitschicht. Diese Faszien umgeben Organe, Knochen, Muskeln, Nerven- und Gefäßleitungen.

Im Fasziengewebe befinden sich auch Rezeptoren. Diese haben eine wesentliche Aufgabe bei der Wahrnehmung von Reizen. Somit sind die Faszien wichtig für sensible Signalübermittlung, die wichtig ist für die Ausrichtung des Körpers und Bewegungsabläufe.

Eigenschaften der Faszien

Faszien bestehen zu rund 75 Prozent aus Wasser. Hinzu kommen die beiden Proteine Elastin und Kollagen. Die Zusammensetzung der Faszien variiert je nach Lage und Aufgabe. Ein hoher Kollagenanteil macht die Faszie besonders stabil und zugfest. Diese Eigenschaft ist wichtig beim Schutz von Organen. Eine hohe Elastizität erhalten Faszien durch einen höheren Anteil an Elastin. Diese Eigenschaft ist bei umhüllenden Faszien, die Muskeln umgeben, wichtig.

Seit ein paar Jahren ist klar, dass Faszien auch eigene Nervenzellen besitzen. So reagieren Faszien beispielsweise mit dem Zusammenziehen, wenn Druck ausgeübt wird. Damit sind Faszien auch empfänglich für Schmerzreize. Ärzte beziehen deshalb das Fasziensystem als mögliche Verursacher von diffusen Beschwerden wie chronischen Rückenproblemen in die Diagnose mit ein. Da alle Faszien im Körper miteinander verbunden sind, können sich Gewebsverletzungen auch in weiter entfernten Körperregionen mit Schmerzen bemerkbar machen.

Mögliche Probleme mit den Faszien

Die Funktionsfähigkeit der Faszien kann durch Stress, Verletzungen, ungünstigen Bewegungsmustern oder mit zunehmendem Alter nachlassen. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, dass die Gewebestränge verhärten und verkleben. Damit wird dann die Beweglichkeit eingeschränkt, was natürlich Schmerzen mit sich bringt. Zudem können sich Faszien auch entzünden. Es entsteht die sogenannte Fasziitis, die hauptsächlich durch Überbelastung ausgelöst wird.

Erkrankungen des Bewegungsapparates – welche Rolle spielen Faszien dabei?

Faszien können sich in der Beschaffenheit und Zusammensetzung verändern. Die Festigkeit und Beweglichkeit der Faszienschichten und des Bindegewebes können entsprechend in bestimmten Bereichen ab- oder zunehmen. Veränderungen in den Bindegewebszellen können unter anderem durch Stoffwechselprozesse beeinflusst werden.

Die Folge von Funktionsstörungen können zu lokalen Verhärtungen der Faszien führen. Die Bewegung wird dadurch eingeschränkt. Die Veränderungen der Faszien können zur Entstehung von Schmerzen führen, die auch in entfernte Bereiche ausstrahlen können. Die Kapsel eines Kniegelenkes zum Beispiel ist nicht nur mit den anliegenden Bändern verbunden, sondern auch mit entfernteren Strukturen wie den Faszien des Gesäßmuskels.

Mögliche schädigende Einflüsse auf die Faszien

Veränderungen des Fasziengewebes können durch

  • Bestimmte Spannungs- und Bewegungsreize
  • Überlastungen des Bewegungsapparates
  • Alterungsprozesse
  • Entzündliche Prozesse
  • Medikamenteneinflüsse
  • Verletzungen

hervorgerufen werden.

Wie können Faszien fit gehalten werden?

Seit einigen Jahren erleben die Faszien in der Fitness- und Sportbranche große Beachtung. Viele Fitness-Studios und auch Physiotherapeuten bieten spezielle Programme für das Faszientraining an. Die gezielte Stimulation von Faszien soll für eine verbesserte Beweglichkeit und eine gesteigerte sportliche Leistungsfähigkeit erzielt werden.

Faszientraining – so funktioniert es

Viele Experten schwören auf ein spezielles Faszientraining, mit dem Bindegewebsstrukturen geschmeidig und stark gehalten werden können. Federnde, hüpfende Bewegungen lockern und trainieren bei diesem Training die Faszien. Andere Experten bezweifeln allerdings die Wirksamkeit dieser Trainingsprogramme. Sie raten eher zu einem Sportprogramm, dass sowohl die Faszien als auch die Muskulatur stärkt.

Faszienmassage – eine therapeutische Alternative

Immer mehr Therapeuten bieten im Rahmen der manuellen Therapie eine gezielte Faszienmassage an. Durch starken Druck und Zug wird während der Massage das Gewebe verschoben und gelockert. Die Faszien werden weicher und geschmeidiger. Mögliche Verklebungen werden gelöst.

Zudem soll die Massage bewirken, dass mögliche Schadstoffe und Flüssigkeiten aus den Faszien herauszupressen. Die Ausleitung der Schadstoffe über das Lymphsystem wird stimuliert. Die Therapeuten gehen davon aus, dass sich die Faszien durch die Druckmassage anschießend wieder mit frischer Flüssigkeit gefüllt werden und die Elastizität verbessert wird.

Blackrolls – eine Form der Faszienmassage

Die Faszienmassage kann auch selbsttätig durchgeführt werden. Dabei kommen spezielle Massagerollen, die sogenannten Blackrolls, zum Einsatz. Einzelne Körperteile werden unter Zuhilfenahme des eigenen Gewichts mit den Blackrolls bearbeitet. Studien haben bewiesen, dass diese Trainingsmethode für die Steigerung der Beweglichkeit geeignet ist.

Auf die sportliche Leistungsfähigkeit werden zwar oft benannt, lassen sich aber wissenschaftlich nicht nachweisen. Vor dem Training mit Blackrolls warnen manche Mediziner sogar. Schließlich ist es möglich, dass durch eine nicht perfekt ausgeführte Druckmassage Nerven eingeklemmt oder Thrombosen ausgelöst werden.

Verklebte Faszien – die Ursache für viele Beschwerden

Zahlreiche Beschwerden können auf verklebte Faszien zurückgeführt werden. Dies gilt auch für Beschwerden, die augenscheinlich keine Verbindung mit den Faszien zu haben scheinen. Die elastischen, widerstandsfähigen Häute, die Muskelstränge und Organe umhüllen, können verhärten und verkleben. Angefangen mit Bauch-, Schulter-, Nacken-, Gelenk- und Rückenschmerzen bis hin zu Wanderschmerzen, die durch den gesamten Körper wechseln, können dadurch entstehen.

So können Faszien gelöst werden

Regelmäßiges Dehnen und Trainieren können Faszienverklebungen lösen. Mit einer Faszienrolle können Betroffene schnell und effektiv gegen Verklebungen vorgehen. Das Fasziengewebe und die Muskeln werden dabei druckvoll ausgerollt. Um die Neubildung und das Lösen von Faszien zu gewährleisten, ist eine mineralstoff- und vitaminreiche Ernährung wichtig. Das Training wirkt sich zudem auf die allgemeine Gesundheit positiv aus.

Eine weitere Form des Faszientrainings ist die Rolfing-Therapie.

Was man über das Faszien-Training wissen sollte?

  • Die Faszien zu trainieren, kann Workouts nicht ersetzen sondern nur ergänzen.
  • Es ist noch unklar, ob das Training mit einer Blackroll Wirkung zeigt. Dazu gibt noch zu wenig Studien.
  • Das Training steigert aber definitiv die Beweglichkeit von Faszien. Allerdings sollte wie bei jedem anderen Training auch, nicht übertrieben werden.
  • Auch in der Physiotherapie und Osteopathie werden Faszien behandelt.

Vorteile eines Faszientrainings

  • Steigerung der Beweglichkeit und Flexibilität
  • Schmerzen können gelöst werden und das allgemeine Wohlbefinden wird gesteigert.
  • Wird direkt nach dem Sport ein Faszientraining durchgeführt, so wird Muskelkater reduziert.
  • Das Faszientraining wirkt Cellulite entgegen.
  • Nach dem Sport oder Fitnesstraining können sich die Muskeln und Faszien besser regenerieren.
  • Die Durchblutung wird durch das Training unterstützt.

Vorsicht bei der Nutzung von Blackrolls – darauf muss geachtet werden

Wer unter Gefäßerkrankungen hat oder unter einem anfälligen Bindegewebe leidet, sollte auf keinen Fall mit Blackrolls arbeiten. Ein Training während starker Schmerzen vorherrschen kann zum Beispiel einen Bandscheibenvorfall auslösen. Generell sollte beim Einsatz von Faszienrollen Vorsicht geboten sein.

Das Rollen sollte nie zu fest durchgeführt werden. Insbesondere über vorstehende Knochen sollte niemals gerollt werden. Grundsätzlich sollte das Rollen niemals schmerzen. Ein wenig unangenehm kann es jedoch sein.

Um die Beweglichkeit und die Fasziengesundheit zu verbessern, sollte zirka 3-mal pro Woche gerollt werden. Das Training muss regelmäßig erfolgen. Ergänzend dazu kann eine Kältetherapie sinnvoll sein. Im Zweifel sollte zunächst ärztlicher Rat eingeholt werden.

Quellen

Weiterführende Informationen