Zuletzt aktualisiert am 26. Februar 2023 von Dr. med. Andrea Weidemann
Sport hat sich als eine wirksame Methode erwiesen, um Depressionen zu bekämpfen. Die körperliche Betätigung hilft dabei, den Körper und den Geist zu stärken und kann helfen, Symptome der Depression zu reduzieren. In diesem Ratgeber-Artikel werden die Vorteile von Sport bei der Behandlung von Depressionen diskutiert und Tipps zur Integration von Bewegung in den Alltag gegeben.
Warum kann Sport helfen, Depressionen zu lindern?
Depression ist eine psychische Erkrankung, die zu Symptomen wie Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit, Müdigkeit, Schlafstörungen und Konzentrationsproblemen führen kann. Eine der Ursachen für Depressionen ist ein Mangel an Neurotransmittern wie Serotonin und Dopamin. Diese Neurotransmitter spielen eine wichtige Rolle bei der Regulation der Stimmung, und ein Ungleichgewicht kann zu Depressionen führen.
Sport kann dabei helfen, das Gleichgewicht dieser Neurotransmitter wiederherzustellen und Symptome der Depression zu reduzieren. Körperliche Betätigung kann auch die Freisetzung von Endorphinen, den sogenannten “Glückshormonen”, fördern, die das Wohlbefinden steigern können.
In früheren Therapieansätzen von anerkannten Psychotherapeuten wie Wilhelm Reich, die sich mit der Körpertherapie auseinandergesetzt haben, wurde festgestellt, dass durch Atemübungen auf Stimmungen wie Angst oder Wut eingewirkt werden kann. Neuere Untersuchungen haben sich mit der Frage beschäftigt, wie die Depression sich durch die tiefer werdende Atmung bei Bewegungsabläufen wie Laufen, Schwimmen oder Radfahren auswirkt. Bei der Ausübung einer Ausdauersportart wird die Atmung tiefer, wodurch sich innere Blockaden ebenfalls lösen können. Wissenschaftlich wurde untersucht, was beim Sport nachweislich im Körper geschieht. Dabei wurde festgestellt, dass Sportler das Stresshormon Kortisol in größeren Mengen ausschütten. Daneben wurden erhöhte Werte der Glückshormone Dopamin sowie Serotonin bei ihnen nachgewiesen. Die Freisetzung dieser Botenstoffe beim Sport könnte neben einer tieferen Atmung ein weiterer Faktor für die verbesserte Stimmung bei depressiven Menschen sein.
Sportliche Aktivitäten müssen sich also positiv auf die depressive Stimmung auswirken und sogar eine Verbesserung der Krankheit bewirken. Zu diesem Ergebnis kamen auch Wissenschaftler, welche die sogenannte Cochrane Analyse durchführten. Diese wurde zuletzt im Jahr 2013 durchgeführt und kann in der Cochrane Database of Systematic Reviews aus dem Jahr 2013 nachgelesen werden. Die Untersuchung basiert auf einer Auswertung von über 39 Studien. Diese wurden daraufhin untersucht, wie sich körperliche Bewegung bei depressiven Menschen auf den Krankheitsverlauf auswirkt. Die meisten der untersuchten Studien kamen zu dem Ergebnis, dass Ausdauersportarten wie Joggen, Schwimmen oder Radfahren zu einer Verbesserung des Krankheitsverlaufes führten. Das Erstaunliche an den wissenschaftlichen Ergebnissen war jedoch, dass sich die Besserung bereits nach einem kurzen Zeitraum von zehn bis 14 Tagen zeigte. Während dieser Zeit fanden dabei lediglich Sporteinheiten von zwei- bis dreimal in der Woche für wenige Stunden statt.
Die Cochrane Analyse bietet wertvolle Hinweise darauf, dass Menschen, die an depressiven Verstimmungen erkrankt sind, durch sportliche Betätigung bereits nach kurzer Zeit erste Heilungserfolge erreichen können.
Auch hierzulande interessieren sich wissenschaftliche Forscher für die Auswirkungen, die körperliche Bewegung auf Gemütszustände haben. An der Deutschen Sporthochschule Köln (DSHS, SpoHo) wurde daher ebenfalls eine Studie herausgegeben. Dabei wurden verschiedene Trainingsmöglichkeiten untersucht wie Ausdauersport, Gymnastik oder einfache Bewegungen wie leichte Tanzelemente, Ballspiele, Tennis oder Hockey. Auch hierbei kamen die Forscher zu eindrucksvollen Resultaten. Denn es trat nicht nur eine erhebliche Verbesserung der Gemütszustände der Teilnehmer auf, diese hielten zudem auch längerfristig an. Doch es kam auch zu einem markanten Ergebnis: Denn die Teilnehmer, die zusätzlich Medikamente einnahmen, zeigten keine wesentliche Verbesserung gegenüber den übrigen Teilnehmern. Daher resümierte die Forschungsgruppe, dass durch Sport alleine, ohne die Zugabe von Medikamenten eine Verbesserung des Gesundheitszustandes eintreten kann.
Abgesehen von diesem wissenschaftlich belegten Ergebnissen kann Sport jedoch nachweislich noch viel mehr positive Effekte beim Menschen auslösen. Denn der gesamte Organismus wird durch die Bewegung harmonisiert. Durch die Stärkung der Muskulatur fühlen sich Menschen insgesamt kräftiger und bekommen nach und nach eine positivere Ausstrahlung. Das wirkt sich auch auf ihr Leben und die Kommunikation mit anderen günstig aus. Negative Gedankenmuster werden durch die körperliche Betätigung nachhaltig auch nach dem Sport verdrängt. Ablehnende Gedanken werden zum Verschwinden gebracht und durch positive Denkmuster ersetzt.
Das effektive Trainingsprogramm gegen Depressionen
Depressive Menschen sollten ein Bewegungsprogramm absolvieren, das auf mehreren Einheiten basiert. Dieses sollte sowohl Teile von Ausdauersportarten als auch Elemente des Krafttrainings enthalten.
Wer seine Depressionen mit Sport besiegen möchte, der sollte dem folgenden Sportprogramm folgen, dass einem Konzept des bekannten Sportlers und Buchautors Mario Heinrichs entnommen wurde. In dem vorgestellten Übungsprogramm sind Sporteinheiten enthalten, die über einen Zeitraum von drei Monaten durchgeführt werden können. Turnusmäßig kann dieser Ablauf weiterhin bei Bedarf ein Jahr lang beibehalten werden. Vielleicht lässt sich aufgrund dieses Plans ein regelmäßiges Programm entwerfen.
Die ersten sechs bis acht Wochen – zwei-bis dreimal pro Woche
- zum Aufwärmen: Liegestützen, Kniebeugen, Beckenkreisen, Arme nach oben und unten werfen, Dehnübungen – ungefähr zehn bis fünfzehn Minuten
- etwa zehn Minuten walken
- zehn bis zwanzig Minuten joggen
- danach fünf bis zehn Minuten Entspannungsübungen wie Yoga oder einfach nur flach auf den Rücken legen, die Arme auf den Bauch legen und in den Atem hineinhorchen
Ab der sechsten bis achten Woche oder bei Bedarf schon vorher kann das Pensum etwas erhöht werden
- zum Aufwärmen Seilspringen oder auf der Stelle laufen, Dehnübungen – ungefähr zehn Minuten
- etwa zehn Minuten walken
- wieder einige Gymnastikübungen wie Liegestütze oder Kniebeuge
- beim Joggen wird nun die Laufzeit erhöht – es werden nun Einheiten von drei- bis viermal in der Woche für etwa 30 Minuten oder länger durchgeführt
- danach fünf bis zehn Minuten Entspannungsübungen
So wirkt sich Sport bei Depressionen auf Dauer aus
Auch wenn sich bereits nach einer kurzen Zeit erste Besserungen der Krankheit zeigen, sollte die Fitness weiterhin betrieben werden. Denn dadurch profitieren Betroffene langfristig von dem Heilungserfolg durch Sport.
In einer Studie eines amerikanischen Experten auf dem Gebiet der Psychiatrie zeigte sich, wie sich Sport langfristig auswirkt. Die Studie erfolgte insbesondere im Vergleich mit der Langzeitwirkung einer rein medikamentösen Therapie. Dafür wurden die Probanden in drei Gruppen aufgeteilt. Die erste Gruppe nahm über einen Zeitraum von vier Monaten lediglich Medikamente wie Antidepressiva ein, die zweite Gruppe verfolgte ein Sportprogramm, das auf ihre individuelle Leistungsfähigkeit zugeschnitten war. Den restlichen Teilnehmern wurde neben der Bewegung auch noch ein Medikament verordnet. In der folgenden Langzeitstudie wurde untersucht, wie sich die Verbesserung, die bei allen Teilnehmern innerhalb eines kurzen Zeitraumes bereits eintrat, längerfristig auswirkte. Dabei wurde bei der Sportgruppe festgestellt, dass sich der gute Gesundheitszustand bei über 88 Prozent der Teilnehmer längerfristig hielt. Die Rückfallquote war auf lange Sicht geringer gegenüber den anderen Probanden.
Welche Sportarten wirken sich positiv bei Depressionen aus?
Amerika ist das Land, in dem die meisten Leute mit Übergewicht leben. Daher werden in den USA auch regelmäßig Studien durchgeführt, wie sich sportliche Betätigung auf den Organismus auswirkt und in welchem Maße er betrieben werden muss, um zu wirken. Bei Depressionen kamen amerikanische Wissenschaftler zu einem erstaunlichen Ergebnis. Denn schon leichte Laufeinheiten von zwei- bis dreimal pro Woche für eine Stunde wirken sich positiv auf das körperliche sowie psychische Befinden aus. Auch Bewegungsabläufe wie Tanzen oder einfaches Training in einem Fitnesscenter mit Gewichten entfaltet bereits eine positive Wirkung. Wer dazu noch ab und zu mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt, sich regelmäßig an der frischen Luft bewegt wie bei einem Spaziergang oder auf dem Weg zum Einkaufen erhöht die Chance, Depressionen dauerhaft zu heilen beträchtlich.
So wird der Sport noch schöner und effektiver
Jeder Sporttreibende muss selber bestimmen, wie viel Sport er betreiben möchte. Das ist vielfach vom Gesundheitszustand und körperlichen Befinden abhängig. Nicht jeder Mensch ist mit einem Sportprogramm mit einer Kombination aus Kraft- und Ausdauertraining zufrieden. Die Gelenke schmerzen oder Übergewicht lassen jede Bewegung zur Qual werden. Doch dadurch sollte sich niemand davon abhalten lassen, ein gesundes Fitnessprogramm zu absolvieren. Es gibt Sportarten wie Schwimmen oder Radfahren, durch welche die Gelenke geschont und entlastet werden. Wer täglich ein paar Bahnen im Schwimmbad macht, wird sich bereits nach kurzer Zeit fitter, wacher und wohler in seiner Haut fühlen. Ein paar Runden auf dem Fahrrad in der Natur bewirken Wunder und es muss auch nicht immer der schwerste Gang sein. Eine leichte Einstellung am Rad bewirkt bereits einige positive Effekte sowie eine Verbesserung des Gesundheitszustandes. Wichtig dabei ist, dabei zu bleiben und nicht schon nach einer kurzen Zeit aufzugeben. Denn das ist das Schlimmste, was passieren kann.
Wer gerne in Gesellschaft ist, kann sich auch an die örtliche Turngemeinde wenden, um herauszufinden, ob ein Mannschaftssport wie Turnen oder ein Ballspiel in der Gruppe angeboten wird. Zusammen macht es doch viel mehr Spaß zu trainieren. Durch den Spaß bleiben viele auch am Sport dran, anstatt aufzugeben. Dabei ist es wichtig, immer regelmäßig zu den Treffen zu gehen. Denn dadurch wird der Sport zu einem festen Bestandteil des eigenen Lebens. Durch die Geselligkeit verflüchtigt sich eine depressive Stimmung oft auch schon ganz von selber.
Viele Menschen, die regelmäßig Sport treiben, bemerken nach und nach auch eine körperliche Veränderung. Die Muskulatur nimmt zu, der Körper verlangt nach erhöhter Nahrungsaufnahme, da mehr Energie freigesetzt wird. Dabei ist es wichtig, in der richtige Art und Weise auf diesen Wechsel zu reagieren. Das kann einfach durch die Bereitstellung von ausreichend Flüssigkeit geschehen. Denn Sportler brauchen vor allem eines und das ist viel Flüssigkeit. Daneben sollte die Ernährung reich an Vitaminen sowie Mineralstoffen sein. Es empfiehlt sich, stets ein Stück Obst wie einen Apfel oder eine Banane in der Sporttasche bereitzuhalten, damit es nicht zu einem übermäßigen Hungergefühl nach den Sporteinheiten kommt.
Wem der Sport auf der Straße wie Laufen oder Radfahren, Schwimmen oder Mannschaftssport nicht zusagt, kann es einmal in einem Fitnesscenter probieren. Der Vorteil ist, dass dort immer ein Trainer bereitsteht, um auf Fragen einzugehen. Mit diesem kann ein umfangreiches Fitnessprogramm entworfen werden. Viele Cardiogeräten stehen dort für ein tägliches Training bereit, und das alles vollkommen unabhängig vom Wetter. Das kann im Winter eine große Entlastung sein und es macht Spaß, sich in der Sicherheit des Centers auf den Sommer vorzubereiten. Nicht wenige Sportler trainieren in den Wintermonaten in der Halle um im Sommer wieder auf der Straße zu laufen, zu radeln oder andere Sportarten außerhalb durchzuführen.
Wie viel Sport sollte man betreiben?
Es ist wichtig zu betonen, dass Sport allein keine Depression heilen kann. Eine Kombination aus verschiedenen Behandlungsansätzen, wie z.B. Psychotherapie und medikamentöser Behandlung, ist in der Regel notwendig. Sport kann jedoch ein wichtiger Bestandteil des Behandlungsplans sein.
Es wird empfohlen, mindestens 30 Minuten körperliche Betätigung pro Tag zu absolvieren, um die Stimmung zu verbessern. Diese 30 Minuten können auch aufgeteilt werden, um sie in den Alltag zu integrieren. Es ist wichtig, eine Sportart zu wählen, die Spaß macht und die man gerne macht, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass man sich auch langfristig daran hält.
Welche Sportarten eignen sich besonders gut?
Eine Vielzahl von Sportarten kann dazu beitragen, Symptome der Depression zu reduzieren. Es ist jedoch ratsam, eine Sportart zu wählen, die sowohl körperliche Aktivität als auch soziale Interaktion beinhaltet, da soziale Isolation ein häufiges Merkmal von Depressionen ist. Einige Sportarten, die sich gut eignen, sind:
- Mannschaftssportarten wie Fußball, Basketball oder Volleyball
- Yoga und Pilates, die auch Entspannungstechniken beinhalten
- Laufen oder Wandern in der Natur, um von der Natur zu profitieren
- Schwimmen oder Aqua-Fitness, die auch die Muskulatur schonen und gelenkschonend sind
- Tanzen, das Spaß macht und zu sozialen Kontakten führen kann
Es ist auch wichtig, auf das eigene Körpergefühl zu achten und keine übertriebenen Erwartungen zu haben. Jeder Körper ist anders und es ist wichtig, sich nicht zu überfordern.
Fazit
Das Fazit zur Wirkung von Sport gegen Depressionen zeigt, dass körperliche Aktivität eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Depressionen spielen kann. Es gibt eine Vielzahl von Studien, die belegen, dass regelmäßiges körperliches Training positive Auswirkungen auf die Stimmung, das Selbstwertgefühl und das allgemeine Wohlbefinden haben kann.
Sport kann eine Alternative oder Ergänzung zu medikamentösen Behandlungen von Depressionen darstellen und kann dabei helfen, Nebenwirkungen von Medikamenten zu reduzieren oder zu vermeiden. Eine Kombination aus Sport und anderen Therapieansätzen wie Psychotherapie oder Ernährungsumstellung kann die Wirkung verstärken.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Sport allein nicht ausreicht, um eine Depression vollständig zu behandeln. Es ist auch wichtig, auf eine ausgewogene Ernährung zu achten, ausreichend zu schlafen und soziale Unterstützung zu erhalten. Darüber hinaus sollte jeder, der an Depressionen leidet, einen qualifizierten Facharzt aufsuchen, um eine angemessene Behandlung zu erhalten.
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