Nomophobie – die Angst, ohne Smartphone dazustehen 

Zuletzt aktualisiert am 5. März 2023 von Dr. med. Andrea Weidemann

Nomophobie ist eine relativ neue psychologische Störung, die sich auf die Angst bezieht, ohne ein Mobiltelefon oder eine Verbindung zum Internet zu sein. Das Wichtigste in Kürze:

  • Nomophobie ist die Angst, ohne Handy zu sein. Der Name ist eine Kombination aus den Wörtern “no mobile phone phobia” (kein Handy-Phobie).
  • Die Häufigkeit von Nomophobie nimmt weltweit zu. Die Angststörung ist vor allem bei jungen Leuten verbreitet.
  • Die Symptome von Nomophobie umfassen Angstzustände, Unruhe, Reizbarkeit, Panikattacken und körperliche Symptome wie Schwitzen und Zittern.
  • Die Auswirkungen von Nomophobie können sich auf das tägliche Leben auswirken, indem sie zu Problemen bei der Arbeit, in Beziehungen und bei sozialen Aktivitäten führen.
  • Die Behandlung von Nomophobie kann verschiedene Ansätze umfassen, einschließlich kognitiver Verhaltenstherapie, Medikation und Selbsthilfe-Techniken wie Meditation und Achtsamkeit.
  • Es gibt auch Präventionsstrategien für Nomophobie, einschließlich der Begrenzung der Nutzung von Mobilgeräten und der Schaffung von Offline-Zeiten, um eine gesunde Beziehung zur Technologie aufrechtzuerhalten.
  • Insgesamt ist es wichtig, die Auswirkungen von Nomophobie anzuerkennen und Bewusstsein dafür zu schaffen, um Menschen dabei zu helfen, gesunde Beziehungen zu ihren Mobilgeräten aufrechtzuerhalten.

Was ist Nomophobie?

Nomophobie ist eine Angststörung und setzt sich aus dem Begriff “No mo-bile phone phobia” zusammen. Sie zeichnet sich durch die Angst aus, das eigene Handy nicht in der Nähe zu haben und dadurch sowohl unerreichbar als auch von den sozialen Kontakten abgeschnitten zu sein. Diese Angst ist bei Betroffenen so schwerwiegend, dass sie das tägliche Leben beeinträchtigt. Experten vertreten die Ansicht, dass Nomophobie sich negativ auf das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit der betroffenen Personen auswirken kann.

Die Angst manifestiert sich in verschiedenen Formen. So zeigt sie sich beispielsweise durch eine ständige Überprüfung des Mobiltelefons auf Funktionalität sowie die ständige Kontrolle auf eventuell verpasste Nachrichten und Anrufe.

Nomophobie ist besonders unter den jungen Menschen verbreitet. Jedoch weisen viele Menschen, die ein Handy besitzen, Symptome der Erkrankung auf. Betroffene sind sich in der Regel bewusst, dass es Ihnen Stress verursacht, ohne Handy zu sein. Dennoch fällt es Ihnen schwer, auf diesen Umstand zu reagieren.

Wodurch entsteht Nomophobie?

Bei der Entstehung von Nomophobie können verschiedene Faktoren eine Rolle spielen. Die soziale Verantwortung ist einer dieser Faktoren. Die Angst, nicht erreichbar zu sein, führt dazu, dass man das Handy gerne in der Nähe hat. Man möchte keine wichtige Nachricht und keinen Anruf verpassen. Aus diesem Verhalten kann sich eine Gewohnheit entwickeln, die nur schwer abzulegen ist. Der übermäßige Gebrauch des Smartphones lässt Betroffene ebenfalls eine Gewohnheit entwickeln, derer sie sich nicht mehr entledigen können, ohne dass es zu Angst und Stress führt.

Auch die Angst vor Vereinsamung spielt eine tragende Rolle bei der Entstehung von Nomophobie. Für viele Menschen stellt das Handy die Hauptmethode zur Kommunikation dar, weshalb das Gefühl der Einsamkeit aufkommen kann, wenn sie das Handy nicht bei sich haben. Sie haben Angst, dass sie ohne Telefon nicht mehr dazu in der Lage sind, Kontakte mit Freunden und Familie zu pflegen.

Des Weiteren gilt übermäßiger Stress, der aus Terminen oder der Verpflichtung zur ständigen Erreichbarkeit resultiert, als Auslöser für eine Nomophobie.

Jedoch kann sich die Nomophobie auch als Reaktion auf eine Erfahrung entwickeln, die man in der Vergangenheit gemacht hat. So ist es möglich, dass sie entsteht, nachdem der Verlust des Handys zu einem Problem geführt hat.

Woran erkennt man Nomophobie?

Betroffene werden grundsätzlich alles dafür tun, um sicherzustellen, dass sie ihr Handy stets bei sich haben und immer erreichbar sind. Charakteristisch für Nomophobie sind folgende Punkte:

  • Unfähigkeit, das Telefon auszuschalten oder es wegzulegen, sogar beim Schlafen, im Badezimmer oder auf der Arbeit
  • Angst und Hilflosigkeit, wenn das Telefon nicht verfügbar ist oder der Akku leer ist
  • Laden des Akkus, obwohl er noch ausreichend voll ist
  • übermäßiger Gebrauch des Telefons, selbst in unangemessenen Situationen
  • Beeinträchtigung von Beziehungen, Freundschaften, der Karriere oder Freizeitaktivitäten
  • erfolglose Versuche, den Gebrauch des Telefons zu reduzieren

Es gibt auch körperliche Symptome, die auf Nomophobie hinweisen können:

  • Übelkeit und Magenbeschwerden #
  • Herzklopfen
  • Schweißausbrüche
  • Angstzustände
  • Schlafstörungen

Die körperlichen Symptome variieren je nach Schwere der Erkrankung und Person.
Wenn Sie bemerken, dass diese Punkte auf Sie zutreffen und dass die Abhängigkeit vom Mobiltelefon das tägliche Leben beeinflusst, kann es ratsam sein, einen Therapeuten aufzusuchen. Der Arzt wird eine Diagnose durchführen und die erforderliche Behandlung beschließen.

Wie wird Nomophobie diagnostiziert?

Die diagnostischen Kriterien für Nomophobie wurden noch nicht festgelegt, weswegen Nomophobie nicht als eigenständige Diagnose verwendet wird, sondern als Teil einer umfassenderen Diagnose, wie zum Beispiel Angststörung. Dennoch gilt Nomophobie als Erkrankung mit hohem Gefährdungspotential für die psychische Gesundheit. Experten bezeichnen die Erkrankung als “Telefonabhängigkeit” oder “Telefonsucht” und plädieren für eine Aufnahme von Nomophobie in den “Diagnosekatalog für psychische Störungsbilder”.

Ausgebildete Psychiater sind grundsätzlich dazu in der Lage, Angstzustände und Phobien zu erkennen und von Nomophobie Betroffene dabei zu unterstützen, mit der Erkrankung umzugehen.

Der Arzt wird eine gründliche Befragung des Patienten durchführen, um seinen Umgang mit dem Mobiltelefon zu erforschen und Schlüsse zu ziehen, inwiefern das Telefon das tägliche Leben des Betroffenen beeinflusst. Des Weiteren wird er eine psychologische Bewertung durchführen, um die Gedanken und Gefühle des Betroffenen zu erkunden, die im Zusammenhang mit dem Smartphone stehen. Auch die Anwendung eines speziellen Fragebogens ist möglich. In manchem Fällen wird der Arzt auch eine Laboruntersuchung anordnen, um ausschließen zu können, dass die Beschwerden durch eine körperliche Erkrankung verursacht werden.

Therapien bei Nomophobie

Eine Therapie bei Nomophobie kann je nach Schwere der Angst unterschiedlich verlaufen. Es kommen neben der bewussten Nutzung des Telefons entweder eine kognitive Verhaltenstherapie oder eine Expositionstherapie infrage. Auch eine Medikation ist denkbar. In vielen Fällen kann eine Kombination der Therapiemethoden am besten funktionieren.

Kognitive Verhaltenstherapie

Die kognitive Verhaltenstherapie konzentriert sich auf das Identifizieren und Ändern von negativen Gedanken und Gewohnheiten, die ursächlich für die Angst sind. Der Therapeut unterstützt den Betroffenen, indem er spezielle Techniken angewendet, um eine neue Perspektive zu schaffen. Mittels dieser neuen Perspektive kann die Person lernen, einen bewussteren Umgang mit dem Mobiltelefon zu pflegen.

Expositionstherapie

Eine Expositionstherapie konzentriert sich auf das Ändern von Gewohnheiten und Verhaltensweisen, die mit der Abhängigkeit von einem Telefon in Verbindung stehen. Hierbei kommen Techniken wie der systematische Entzug und Belohnung zum Einsatz, um eine bessere Kontrolle im Umgang mit dem Telefon zu erreichen. Der Betroffene wird mit dem Verlust des Handys konfrontiert, damit er lernen kann, die Angst zu überwinden.

Gruppentherapie

Bei einer Gruppentherapie hat der Betroffene die Möglichkeit, sich mit Gleichgesinnten über die Thematik auszutauschen. Da die Teilnehmer der Gruppentherapie durch das gleiche Problem verbunden sind, können sie einander unterstützen und motivieren.

Medikation

In manchen Fällen kann ein Arzt die medikamentöse Behandlung von Nomophobie anordnen. Diese beheben jedoch nicht die Ursache der Erkrankung, weshalb eine Behandlung ausschließlich mit Medikamenten nicht ausreichend ist.

Bewusste Smartphonenutzung

Man kann auch selbst aktiv gegen die Nomophobie vorgehen. Das Handy sollte nachts entweder ausgeschaltet oder etwas weiter entfernt abgelegt werden, damit man nicht in Versuchung gerät, es Mitten in der Nacht zu verwenden. Bei kurzen Spaziergängen kann man das Handy zu Hause lassen, um sich daran zu gewöhnen, dass es nicht immer in der Nähe ist. Des Weiteren ist es empfehlenswert, jeden Tag eine gewisse Zeit komplett ohne Medien zu verbringen. Es wirkt wohltuend, eine ruhige Zeit abseits jeder Technologie zu genießen.

Die bewusste Nutzung des Smartphones kann dabei unterstützen, die Symptome der Nomophobie und die damit einhergehenden Angst- und Stresssymptome zu reduzieren. Hierbei geht es jedoch nicht darum, komplett auf das Smartphone zu verzichten, sondern die Nutzung lediglich zu minimieren und bewusster wahrzunehmen.

Alarmierende Studien

Nomophobie ist laut Studien weit verbreitet. Research 2019 stellte fest, dass sich bereits im Jahr 2008 mehr als 52 % der Briten, die Besitzer eines Handys waren, Angst entwickelten, wenn der Akku ihres Telefons leer war, sie kein Netz hatten oder das Handy nicht bei sich hatten. Die Studie zeigte, dass die Angst dieser Menschen so stark war, dass sie ihr Handy niemals ausschalteten. Als Gründe hierfür wurde vor allem die Erreichbarkeit für Freunde und Familie genannt. Ebenso zeigte die Studie, dass die meisten Menschen grundsätzlich dazu bereit waren, ihre momentane Aktivität zu unterbrechen, um einen Anruf oder eine Nachricht auf dem Handy entgegenzunehmen.

Auch die Ergebnisse der PFH-Studie der privaten Hochschule Göttingen lassen keinen Zweifel daran, dass Nomophobie ein ernstzunehmendes Problem ist. Laut dieser deutschlandweiten Studie, an der 807 Personen mit einem Durchschnittsalter von 25 Jahren teilnahmen, waren 49,4 % der Probanden von einer mittelschweren Nomophobie betroffen. Auslöser der Ängste waren laut der Teilnehmenden neben einer hohen Nutzungszeit des Telefons von fast fünf Stunden pro Tag auch ein Gefühl des Unwohlseins, wenn das Handy nicht in der Nähe ist.

Aufgrund des voranschreitenden Technologiezeitalters sind Experten sich einig, dass Nomophobie ein Problem ist, das sich mit der Zeit noch stärker verbreiten wird. Immer mehr Menschen betrachten ihr Handy als unverzichtbaren Bestandteil ihres täglichen Lebens. Es ist wichtig, dass man sich bewusst mit der eigenen Handynutzung auseinandersetzt, um den negativen Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und soziale Kontakte vorzubeugen.

Auch wenn Nomophobie noch keine anerkannte psychiatrische Erkrankung ist, ist sie durchaus ernst zu nehmen. Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie an Nomophobie leiden, sollten Sie sich an einen Therapeuten wenden. Die Auswirkungen, die Nomophobie haben kann, werden durch Behandlung sowie eine bewusste Nutzung des Smartphones deutlich verbessert.

Quellen